Sonntag, 3. Dezember 2017

3. Dezember 2017 - Adventskalender 2017 - 3.Türchen: Heiligabend im Altersheim

Heiligabend im Altersheim

Für die meisten Bewohner wird es nie mehr wie früher sein, denn wenn eine Zeit der Vergangenheit angehört, kommt sie nicht wieder - ob hier die dementen Insassen glücklicher dran sind als die, die noch an früher denken können, ist nicht sicher und kommt auf den einzelnen Menschen an. Der eine findet sich ab, der andere trauert dem Früher hinterher.

Schon morgens ist reger Betrieb im Haus, und als eine Art "machen wir das Beste aus Heiligabend" erklingt weihnachtliche Musik in gedämpfter Form durch alle öffentlichen Räume. Das Mittagessen ist wie immer recht früh am Tag angesetzt, und wer Glück hat,

wird direkt danach von Angehörigen für ein paar Stunden (oder bei unverschämtem Glück sogar für alle Weihnachtstage) in den Kreis der Familie zurückgeholt.

Andere Angehörige absolvieren einen Kurzbesuch wie ein strammes Pflichtprogramm, das niemanden glücklich macht, aber Gewissen beruhigen soll.

Geschenke werden abgeliefert, und darunter sind Nachthemden und Pralinen - weil sie ja sowieso schon alles mal hatten, bevor sie hier gelandet sind - und die Angehörigen nicht eben einfallsreich sind.

Verlegene Gesprächspausen wechseln sich mit quengelnden Kindern ab, die vielleicht überhaupt nur mitgebracht wurden, um einen Grund zu haben, den Besuch schnell wieder beenden zu können.

Generationenkonflikte in Reinkultur am heiligsten aller Abende des Jahres - und doch gibt es auch die anderen Geschichten:

Eine alte Frau, die ihr Bett nicht mehr verlassen kann - bekommt Besuch von einer ihrer drei Töchter. Die Tochter kommt am Nachmittag und bleibt so lange bis die Mutter vor dem Fernseher, in dem eine Weihnachts-Sendung läuft, einschläft. Erst dann hat sie die Ruhe, zu ihrer eigenen Familie zurückzukehren.

Die beiden anderen Töchter sind zu beschäftigt an diesem Tag und am nächsten und am folgenden und überhaupt ...

Ein alter dementer Mann wird wie jeden Tag von seiner Frau besucht. Sie kommt stets gegen 14.00 Uhr und verlässt ihn um 21.00 Uhr.

Sie hat nicht mehr die physische Kraft, ihn selbst und zu Hause zu pflegen, aber

die Liebe,

ihn nicht zu verlassen, obwohl er sie kaum jemals erkennt.

Eine andere Frau besucht mit ihren zwei Hunden einsame alte Menschen, die zeitlebens tierlieb waren -

und überglücklich sind, zwei Hundefelle zu streicheln.

Irgendwie ist trotz allem jeder froh, wenn Weihnachten vorbei ist ...


Einen schönen Adventstag wünscht Silvia

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