Freitag, 6. Oktober 2017

6. Oktober 2017 - "Frau für meinen Sohn gesucht ..." Eine verzweifelte Moderatorin

Foto: S. B.


"Frau für meinen Sohn gesucht ..."

Gerade hatte ich mich für ein seriöses Projekt als Moderatorin bei jenem Sender zwischen Böse und Böse beworben,

als die mir mitteilten, dass es so etwas wie Seriosität bei ihnen nicht gäbe, aber ich könnte gerne die neue Sendung

"Frau für meinen Sohn gesucht ..." übernehmen.

Schon reisen wir quer durch die Lande, die Kameraleute, Beleuchter und Praktikanten für alle Fälle, als wir auch schon das erste Desaster bewundern dürfen:

Robby heißt der junge Mann, und der guckt mich an wie eine Ente watschelt. Hier einen IQ-Test durchführen zu wollen, ist so sinnlos wie auf die gebräuchliche Redewendung "Es kommt auf die inneren Werte an" zurückzugreifen.

Eigentlich möchte niemand die inneren Werte kennen lernen. Als Robby verkündet, dass er Briefmarken-Anlecker bei einer großen Firma ist,

bleibt mir die Spucke weg. Ich bin immerhin neu in diesem Moderatoren-Gewerbe, und darauf weisen die mitgereisten Kollegen mich hin. Sie lachen sogar über mich, weil ich offensichtlich so gar keine Ahnung von dem besitze, auf das ich mich in naiver Leichtgläubigkeit eingelassen habe.

Robby sucht ein properes Mädchen, mit dem er Drachen steigen lassen kann - und ein Blick auf seine Mutter zeigt mir, dass er sich mit Drachen zumindest ein bisschen auskennen muss, wenn seine sonstigen Erfahrungen auch eher im Null-Bereich liegen.

Es werden ein paar Aufnahmen von Robby und seiner Mutter gemacht, ich schäme mich in Grund und Boden, aber da muss ich jetzt durch.

Weiter geht die Reise zu "Popo" - der heißt natürlich gar nicht so, wird aber von seiner Mutter Dorothea so genannt, weil er sich als Kind ständig auf den Allerwertesten gesetzt hat. Das ist heute nicht viel besser geworden, und Popo stolpert erst mal über diverse Kabel und haut beinahe die Kameras um.

Popo ist Reinigungskraft in einem Kino - daher kennt er sich mit Filmen besonders gut aus und sucht eine zweite Hälfte, die den Film "Titanic" mindestens zwanzigmal gesehen haben muss.

In den nächsten Tagen sehen wir noch für "Rolle" (heißt eigentlich Rolf) schwarz, obwohl wir uns natürlich bemühen werden, auch ihm eine Frau zu besorgen,

mit der er gemeinsam "Stille Nacht" singen möchte. Beruflich hat er allerdings zuletzt Tüten geklebt und sucht jetzt eine neue Vertrauensstellung. Denn im Knast saß er nur zufällig, weil er sich als der dümmste Verbrecher seit Jahren heraus gestellt hatte:

Auf offener Straße hatte er versehentlich der eigenen Mutter die Handtasche entrissen - leider hatten Passanten ihn trotz Protests der guten Mama festgehalten und der Polizei übergeben.

Das ist alles noch nichts gegen Mutter Elfriedes kleinen Prinzen "Charles", der eine Frau sucht, die unbedingt Diana heißen muss,

denn einmal soll es ein Happy-End zwischen einem Charles und einer Diana geben.

Nicht ganz so einfach, diese Aufgabe. Aber zur Not tauft der Sender sicherlich ruckzuck eine Tina in Diana um.

Charles sortiert beruflich in einer Groß-Bäckerei die Körner für diverse Brötchensorten und hat dort einen guten Stand und liebevolle Kollegen, die ihn regelmässig zusammenscheißen.

Als mir dann noch Peter unter die Augen kommt, der darüber jammert, dass seine Mama als ehemalige Prostituierte nicht weiß, welcher Freier sein Erzeuger ist

werde ich zum Glück wach.

Ich bin ja gar keine Moderatorin, und kann mein Glück gar nicht fassen, welcher Kelch an mir vorübergegangen ist.


Guten Tag, Gruß Silvia


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