Samstag, 14. Oktober 2017

14. Oktober 2017 - Interview mit Rudi Gall - Das rudellose Tier

Das rudellose Tier

Rudi Gall ist einer von uns, von uns aus dem Ruhrgebiet.

Einige werden ihn kennen, und die anderen können ihn ein Stück weit durch dieses Interview kennen lernen. Nein, das ist keine Drohung, sondern die pure Freude darüber, dass Rudi mir die Fragen so ausführlich, mit einer Prise Humor, viel "Schreibwut" und dem typischen Ruhrpott-Charme beantwortet hat.

Danke, Rudi - auch für das Foto.




1. Wann hast du gespürt, dass die Musik in deinem Leben eine große Rolle spielen wird?  Gab es schon frühe Berührungen damit und vielleicht Vorbilder in der Umgebung deiner Kindheit?  Hast du dein Talent eventuell sogar "vererbt" bekommen?

- Ich habe eigentlich immer schon gerne gesungen, dass ich aber letztendlich dann wirklich in einer Band gelandet bin war eher Zufall.
Mein Kumpel Geisi, mit dem ich immer mal ein wenig zusammen geklimpert habe wenn uns auf den damaligen Kellerfeten zu langweilig war (genauer gesagt..wir konnten nicht tanzen!),  hatte mich unter einem Vorwand in den Proberaum
seiner Band "Mushroom" gelockt. Ich hatte gedacht, die suchen einen Gitarristen, die brauchten aber einen Sänger. Das war dann meine erste Station als (völlig unerfahrener) Sänger. Wir haben zum Einstieg Lieder von Uriah Heep geprobt,
die hatte ich gut drauf, da deren leider früh verstorbener Sänger David Byron einer meiner Helden war und immer noch ist.
Musik spielte bei uns zu Hause eigentlich immer eine Rolle...wobei mich das damals aber anscheinend mehr abgeschreckt als motiviert hat. So verschwand die erste Gitarre, die mir mein 2. Vater geschenkt hatte, völlig unbenutzt für einige Jahre in 
irgendeiner Ecke...bis ich das Teil dann doch mal in die Hand genommen hatte. Stattdessen habe ich viel lieber Kurzgeschichten geschrieben und gesungen halt nur im Musikunterricht, um die Note noch ein wenig zu retten.

Mein 2. Vater konnte super toll Akkordeon und Mundharmonika spielen...wobei mir die Lieder, die er gespielt hat, immer ein wenig suspekt waren. Ganz großes Kino war seine Aktion auf dem Campingplatz in Römo/Dänemark, als er eines Nachts
die Titelmelodie von "Spiel mit das Lied vom Tod" über den Campingplatz jagte. Das hat mich schwer beeindruckt.

Es wäre eine meiner größten Freunden, wenn er und ich heute zusammen musizieren könnten. Das hat leider nicht mehr geklappt, weil er auf einer gemeinsamen Bergtour tödlich verunglückt ist...aber ich glaube er wäre stolz auch mich
und er hätte mich wahrscheinlich auch bei meinem musikalischen Werdegang so weit als möglich unterstützt.

Talent erben...kann man sowas ?

2. Hattest du das Glück, dich ganz der Musik zu verschreiben oder gibt es neben dieser auch ein anderes berufliches Leben, eines, das dich vielleicht ebenso zufrieden macht?

- Ich bin ja ein relativer Späteinsteiger...Schulbandzeiten und so habe ich nicht mitgemacht...erst mit zwanzig betrat ich meinen ersten Proberaum. Somit gab es bereits ein anderes berufliches Leben, was dann irgendwann immer mehr 
mit meinen musikalischen Ambitionen kollidiert ist. Im Grunde genommen bin ich ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch arbeiten gegangen, um meine musikalischen Projekte finanziert zu bekommen...da ich möglichst unabhängig bleiben 
wollte.

Mein anderes berufliches Leben macht mir immer dann Spaß, wenn das kollegiale Umfeld und die Tätigkeit an sich stimmt....diese Wunschvorstellung ist aber in den letzten Jahrzehnten immer unerfüllbarer geworden, so dass

meine Kompromissbereitschaft arg gebeutelt wurde. Ich arbeite zur Zeit noch halbtags als kaufmännischer Leiter/Prokurist in einer E-Commerce Agentur.

 3. Ich habe gelesen, dass du in diversen Musikrichtungen unterwegs bist - welche sind das im Einzelnen? Und wie sieht es mit Lampenfieber aus? Kann das Publikum einem Künstler das Lampenfieber schnell nehmen - oder es auch verschlimmern?

- Ich interessiere mich eigentlich für fast alle Stilarten. Das hat auch mit meiner langjährigen Produzentenarbeit im Tonstudio zu tun. Meine eigenen Projekte tummeln sich in den Genres Rock/Pop, Singer-Songwriter, Swing, Chanson und Kinderlieder- und -geschichten. 
Lampenfieber gibt es natürlich und glücklicher Weise immer noch vor den Auftritten. In dem Moment wo ich den ersten Ton gesungen habe und ein Gefühl für den Klang um mich herum an sich bekommen habe, löst sich dieses Lampenfieber
aber dann schnell auf. 
Ein aufmerksames Publikum ist natürlich total motiviert für den Vortrag an sich. Ich habe aber im Laufe der Jahre gelernt nicht mehr soviel darauf zu geben, wenn das Publikum eher zurückhaltend ist. Das muss nicht unbedingt an dem
eigenen Vortrag liegen ... sondern liegt manchmal auch daran, in welchem Landstrich man gerade vor sich her singt. Und natürlich ist man auch manchmal
zur falschen Zeit am falschen Ort.

4. Du hast nun schon die 2. Platte mit Songs von Stephan Sulke gemacht. Warum gerade Sulke? Macht es da plötzlich Click - oder steht eher eine andere Überlegung dahinter?

- Ich finde einfach, dass Stephan Sulke einer der herausragenden deutschsprachigen Künstler ist. Er agiert seit Jahrzehnten auf einem traumhaften Niveau.
Zu Zeiten in denen ich éigentlich ausschließlich im Bereich HardRock unterwegs war, hat mich seine Musik trotzdem irgendwie erreicht.
Bei einem Hauskonzert haben Daniel Sok (Pianist) und ich spontan für eine anwesende Freundin und Sulke-Fan das Lied "Lotte" gespielt. Das Konzert wurde damals von dem Tontechniker mitgeschnitten und mir 
hat diese spontane Aufnahme gut gefallen. Zwei Jahre später habe ich dann ebenfalls recht recht spontan mit meinem Kumpel Kalli ein Video dazu gedreht. Das hatte ich dann Stephan Sulke geschickt und um
Erlaubnis gebeten, dass bei youtube veröffentlichen zu dürfen. Ihm hat die Version und das Video gefallen und ich hab dann ein paar Monate später Lust bekommen, eine komplette CD mit Liedern von ihm zu veröffentlichen. Während
der Produkton dieser ersten CD wurde mir recht schnell klar, dass eine CD als musikalische Wertschätzung meinerseits nicht ausreichen wird. Eine andere Überlegung steht nicht dahinter..ich hatte einfach Lust drauf und dass Stephan Sulke bei einigen Liedern sogar mitgewirkt hat ... ist natürlich auch eine Anerkennung, über die ich mich sehr freue.

5. Wie verhält es sich mit den Rechten gecoverter Songs?

- die Rechte verbleiben alle bei den Urhebern

6. Welches seiner Lieder hast du am liebsten gesungen?

- Alle die ich eingesungen habe mag ich sehr ... schwer zu sagen ... ich musste mir die Lieder auch erstmal alle erarbeiten ... die sind nicht einfach für mich gewesen. So spontan würde ich sagen ..." Ein vergilbtes Stück Papier" auf der Vol1 und " Wenn ich dann mal reich bin" auf der Vol2.

 7. Gibt es Zeiten, in denen du ein bisschen Abstand von der Musik brauchst - oder ist es eine durchgängige und unverbrüchliche Leidenschaft?

- Abstand ist generell ne gute Sache....aber ist schon eine durchgängige Leidenschaft. Es gibt allerdings schon Tage an denen ich überhaupt keine Einstellung habe, um zu singen. Zur Zeit ist das gerade mal wieder der Fall.

8. Hast du - außer Sulke - auch andere musikalische Vorbilder? Welche Lieder würdest du außer den eigenen und denen von Sulke noch sehr gerne singen?

- Klar ne ganze Menge...wobei Vorbilder nicht so ganz passend ist.....meistens sind es Sänger oder Songschreiber....Ian Gillan, David Coverdale, David Byron, David Sylvian, David Bowie (die heißen ja alle David die Guten), Steven Wilson, Chris Cornell, Glenn Hughes aber auch deutschsprachige Künstler wie Stefan Stoppok oder Udo Lindenberg und und und..... alle Lieder die ich gerne singe ... singe ich ab und an zu Hause alleine mit der Gitarre. Die muss ich aber nicht unbedingt öffentlich aufführen. Dafür, dass ich eigentlich nie Lieder nachspielen bzw. interpretieren wollte, habe ich in den letzten Jahren doch schon ne Menge davon nachgespielt bzw. live aufgeführt.

9. Wie sieht ein normaler Musikertag bei dir aus?

- Wenn ich einen Auftritt habe, dann packe ich morgens um ca. 10.00 h meine Anlage zusammen, fahre zum Veranstaltungsort, baue die Anlage auf, mache den Soundcheck, werde nervös, gehe auf die Bühne, bin nach 1,5 - 2 Std. kaputt, aber glücklich, rede noch ne Weile mit dem anwesenden Publikum falls jemand möchte, packe die Anlage wieder zusammen und fahre um ca. 24.00 h Richtung Heimat oder ins Hotel. Also genauso normal wie bei den anderen MusikerInnen auch...es sei denn die- oder derjenige sind so bekannt, dass sie nur noch auf die Bühne kommen müssen, weil schon alles aufgebaut und eingestellt wurde.

10. Und wie sieht ein Tag aus, an dem du einfach mal relaxt?

- Kein Fernseher, keine Musik, keine Leute um mich herum

11. Wo kann man deine Platten kaufen?

- Meine Kinderlieder CD "Wenn ein Drache Schnupfen hat" kann in den bekannten Internet Shops erworben und heruntergeladen werden. Die "Gall singt Sulke Vol1 gibt es sowohl in den Internet-Shops als auch bundesweit in den einschlägigen Läden. Für die Vol2 suche ich zur Zeit noch den passenden Vertrieb. Alle anderen Projekte können nur bei mir geordert werden....meistens bei Konzerten, wenn ich die CDs nicht wieder zu Hause vergessen habe.

12. Welche Projekte stehen als Nächstes an?
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- Ich häng mittendrin in den Abschlussarbeiten zu meiner "Rudelloses Tier" Produktion. Und da ist es natürlich gerade äußerst ungünstig, dass ich
 überhaupt nicht motiviert bin, die fehlenden Gesangstakes einzusingen bzw. vorher noch die fehlenden Textpassagen zu schreiben. Die Textschreiberei
fällt mir grundsätzlich sehr schwer...im Gegensatz zu früher, als mir die Kurzgeschichten irgendwie von alleine aus der Feder geflossen sind. Bin einfach platt....wäre allerdings auch gerne fertig.....weil ich sehr neugierig bin, wie hinterher alles zusammen klingen wird.
Wenn ich diese Produktion gewuppet habe, dann starte ich einen neuen Versuch, um mein erstes Kinderhörbuch fertig zu bekommen.

13. Hast du ein Hobby - oder fehlt dir dafür die Zeit?

- Ich glaub mir fehlt die Zeit dafür. Aber ich kann mir vorstellen, demnächst mal wieder ne Kurzgeschichte zu schreiben. Ist ja schon Weile her ... die letzte
habe ich geschrieben als ich 13 war. Das vorgegebene Thema hieß "Wenn die Partygäste gegangen sind"...dafür gab mir unser Klassenlehrer Horst Lehnen eine glatte Eins. Ich weiß noch...ich hatte vor Stolz und Scham ganz rote Ohren als Herr Lehnen die vorgelesen hat.




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