Samstag, 13. Mai 2017

13. Mai 2017 - Das 2. Interview zum Thema Depressionen - Bea spricht sehr offen über ihre Krankheit

Das Foto zeigt Bea mit ihrem Therapiehund Valentino,
und es wurde mir von ihr zur Verfügung gestellt.


Telefon-Interview vom 10. Mai 2017


Ein nebliger dunkler Wald,
aber auch:
Das Glas ist halb voll

Bea ist neunundzwanzig Jahre alt und leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung und an den vermutlich daraus entstandenen Depressionen.

Als ich sie frage, wie ein Bild ihrer Krankheit aussehen würde, das sie malen oder fotografieren würde,

nennt sie einen  nebligen dunklen Wald.

Später im Interview sagt sie zu meiner Freude, dass ihr Glas immer halb voll ist.

Die Diagnose wurde 2009 gestellt und seitdem nimmt sie entsprechenden Medikamente. Seit 2011 bis  heute ist sie in einer Therapie.


Beas Weg

Sie denkt, dass sie diese Krankheit schon immer hat. Düstere Gedanken haben sie schon oft veranlasst, an Selbstmord zu denken,

doch sie war so klug, diese ohnehin

lebenskluge Frau,

sich in diesen Phasen Hilfe bei Psychotherapeuten zu suchen.

Als Vierzehnjährige lernte sie ihren jetzigen Mann kennen, mit dem sie seit 2009 verheiratet ist,

der einerseits in ihre Krankheit hinein gewachsen ist

und andererseits der größte Glücksfall in ihrem Leben war und ist.

Ohne ihn, sagt Bea, hätte sie ihren 18. Geburtstag nicht erlebt ...

Er ist verständnisvoll, macht ihr niemals Vorwürfe,

sondern begegnet ihrer Krankheit als einen Teil von ihr, der Frau, die er liebt.


Düstere Tage, Point Zero

geschehen in den Zeiten, wenn die Depression die Gewalt über Bea übernimmt. Katatonisch sitzt sie stundenlang auf einem Fleck.

In der Phase, wenn die Depression ihre Hoch-Zeit feiert, hat Bea

keinerlei Gefühle mehr.

Sie empfindet weder Liebe noch Hass. Ihr Kopf schaltet alles aus, sowohl das Gute als auch das Schlechte und sie starrt vor sich hin.

In diesen Zeiten denkt sie oft,

dass ihr Mann mit einer gesunden Frau besser "dran wäre", viel besser.


Valentino, der Retter in höchster Not

Valentino heißt ihr Assistenz-Hund, ein Labrador, der ihre lebendige Lebensversicherung mit einem schlagenden Herzen

und einem fühlenden Kopf ist:

Er ist ausgebildet, sie aus Panik-Attacken herauszuholen. Er bringt ihr die nötigen Medikamente.

Und selbst aus Albträumen, die auf ihrem Belastungs-Syndrom basieren,

weckt er sie auf.

Nachdem Bea eine Reportage über traumatisierte US-Soldaten im Fernsehen gesehen hatte, die auch von diesen hilfreichen Assistenz-Hunden begleitet werden,

kam sie auf die Idee, sich solch einen Hund als Best Buddy zu suchen.

Die Kosten für die Ausbildung liegen bei 8.000 bis 15.000 Euro, wurden hier nicht von der Krankenkasse übernommen.

Valentino wird nicht bis zu seinem Lebensende arbeiten können,

daher gibt es einen zweiten Hund, Connor. Es wird demnächst geprüft, ob er sich als Assistenz-Hund eignet.

Valentino wird seinen Dienst an dem Menschen Bea mit etwa 7 bis 8 Jahren aufgeben müssen,

doch sie wird ihn bis zu seinem Lebensende behalten.

Das machen nicht alle Betroffenen, denn viele an diesen Erkrankungen leidende haben wenig Geld und können es sich nicht leisten,

einen untätigen Hund weiterhin zu behalten.


Weitere Symptome

gibt es auch in Beas Krankheit:

Sie leidet an Amnesien. Das heißt, sie kann sich heute nicht mehr erinnern, was sie gestern morgen gemacht hat. Über viele Dinge muss sie sich Notizen machen.

Dass sie mir dieses Interview gegeben hat, fällt nicht unter die Amnesie, weil es auch für sie (und für mich sowieso) etwas Besonderes darstellt.

Das erlernte Verdrängen greift hier. Denn nur so kann man halbwegs weiter leben. Und die Gesellschaft möchte funktionierende Mitmenschen ...


Prognose und Wunsch

Bea ist sicher, dass es eine Heilung nicht geben wird. Darüber muss man nicht sprechen, meint sie. Doch die Therapie verhilft ihr zu so viel

Lebensqualität wie möglich.

Seit 2009 ist sie arbeitsunfähig.

Als ich sie nach ihren Zukunftswünschen frage, antwortet sie:

Ein kleines Leben, einen Halbtagsjob,

mit einer Freundin Kaffee trinken gehen ...


Diese kleinen Träume sind es, die wir anderen oft gar nicht auf dem Zettel haben. Ich denke mal für mich selber drüber nach

und danke Bea für dieses ausgesprochen offene Interview (auch, wenn ich nicht alles geschrieben habe, was sie mir gesagt hat) und

wünsche ihr

einen kleinen Schritt nach dem anderen.


Guten Tag, Gruß Silvia

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